Artikel aus Fisch & Fang 3/2017

Der Erfinder

Heute hat sie jeder in seiner Angelbox: glänzende Blinker und knallbunte Gummifische. Der akademische Bildhauer und Künstler Hendrik van Ophemert designte und produzierte in Handarbeit schon ab 1930 fantastische Kunstköder.

Eine spannende Zeitreise in die Vergangenheit. Von Hendrik Olliges.

1950: ,.Ich kann mir allerdings denken, dass Ihre Flucht aus Dresden und der Verlust Ihrer ganzen Habe ein scharfer Einschnitt in Ihr Leben bedeutet hat."

Nach Kriegsende siedelte H. v. Ophe­mert nach Braunlage im Harz um, wo er noch für kurze Zeit - bis zu seinem Tod 1952 - die Angelgeräteproduktion wieder aufnahm.
Das Hauptaugenmerk des künstle­rischen Schaffens von H. v. Ophemert lag in der Bildhauerei und bei realis­tischen Bronzeplastiken mit vielfältigen Motiven.

Natürlich hat der kreative Mensch auch geangelt und war Mitglied im Fischereiverein Herzberg und Umge­gend e.V.
Seine Freunde schätzten „Opchen", wie er liebevoll gerufen wurde, als stil­len, bescheidenen Mann, als echten Kameraden und ausgezeichneten Sportfischer. Seine Zielfische wa­ren die Räuber, die er mit einer Ausrüstung so illustrer Angelge­rätehersteller wie Wieland, Le­grand, Noris und Thöner jagte.

Eigene Blinker durften dabei na­türlich nicht fehlen, wenn man's kann! H. v. Ophemert konnte.

Artikel von Hendrik Olliges in Fisch & Fang

Darüber hinaus hat er auch Kleinzu­behör wie Wirbel und Vorfächer herge­stellt und die sogenannte Ophemert­Auslösung für Multirollen erfunden. Umgesetzt haben die Daumenhebel-Frei­schaltung, mit der die Rolle in Freilauf geschaltet wurde, in den 30er Jahren dann die Firmen Jak Schneider aus Dresden mit der Snoek-Multirolle und an­schließend auch die Fa. Hildebrand's Nachf. Jakob Wieland in München.

H. v. Ophemert (um 1950) beim AngelnHendrik van Ophemert wurde am 1. Dezember in Rotterdam (NL) geboren. Die Kunst zog ihn Anfang des 19. Jahrhunderts nach Deutschland, die Liebe hielt ihn hier. Von 1909 bis 1917 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in Dresden. In der Elbstadt lernte er auch Anna Josefine Gabriele Wiedemann kennen, die er heiratete und mit der er den Sohn Pieter hatte.

Obwohl H. v. Ophemert die längste Zeit seines Lebens in Deutschland verbrachte, nahm er die deutsche Staatsbürgerschaft nie an. Als akademischer Bildhauer, so sein Titel, führte er in den 30er Jahren in der Elisenstraße 6 in Dresden sein Atelier und hat dort auch die ersten Angelköder in Handarbeit hergestellt.

Die Feuernacht am 13/14.2.1945, als US- und britische Bomber die Elbstadt in Schutt und Asche legten, war für H. v. Ophemert - wie für viele andere auch ein fürchterliches Ereignis. In einem Briefwechsel antwortet der Angelgerätehersteller und -händler Jakob Wieland den mit der Snoek-Multirolle und anschließend auch die Fa. Hildebrand's Nachf. Jakob Wieland in München.

Schimmernde Blinker

Die glänzenden Augenblinker sind nach dem natürlichen Vorbild der Beutefische für Hechte oder Forellen geschaffen. Ei­nen besonderen Reiz üben die geschlif­fenen, farbigen Glasaugen aus, die bei richtigem Sonneneinfall herrlich durch­scheinend schimmern. Und - nicht zu vegessen - der praktische Zweck der Kunst in diesem Fall, die Raubfische natürlich auch todsicher zum Biss zu verführen.

Expertise Hendrik OlligesAb um 1930 hat H. v. Ophemert seine ersten Augenblinker in langwieriger und mühseliger Handarbeit hergestellt. Fast 20 Schritte waren notwendig, um den Rohling mit der zur besseren Hebelwir­kung getunten Blechschere aus dem Me­tall zu schneiden, mit dem bunten Glas­auge zu veredeln und den fertigen Köder zum Verkauf vorzubereiten.

Im Vergleich zur maschinellen Massen­fertigung heutzutage in Asien ist dieser Aufwand unvorstellbar und wäre in un­serer Zeit nicht einmal mehr ansatzweise zu bezahlen. Auch die verkauften Mengen waren übersichtlich. Ob man bei Ver­kaufszahlen von drei Stück an die Angel­freunde leben konnte7 Bei seiner Gewer­beanmeldung 1947 ist H. v. Ophemert eher pessimistisch: Die Gewinnhöhe kön­ne „nicht immer mit Bestimmtheit gesagt werden."

Fischplastik als Kühlerfigur

Besondere Beziehungen gab es ab 1949 zwischen dem Angelhersteller Wilhelm Thöner in München und dem Künstler H. v. Ophemert. Nahezu monatlich wurden durch den Händler neue Sonderaufträge wie Fischmodelle für Angelpreise oder Armkettchen für die Herzensdame erteilt und ungeduldig eingefordert. Dass sich der Nachkriegswohlstand bei Thöner schon früh eingestellt hatte, zeigt auch dessen Wunsch nach einem einzigar­tigen Statussymbol. Der Künstler möge bitte zwei kleinere Fischmodelle „Barsch, möglichst lebensecht und lebendig gebo­gen" designen.

Man lese und staune: Der Angelunter­nehmer wollte seinen privaten KFZ-Fuhr­park mit diesen Fischplastiken als Küh­lerfiguren verzieren! Der Barsch würde auch heute ganz sicher noch auf jedem Auto großen Eindruck machen. Verrechnet wurde die künstlerische Leistung Ophemerts mit der Lieferung von Angelgeräten aus dem Bestand des Händlers Thöner.

Nach dem Tod Ophemerts vertrieb Thöner dann mit der „Silber­nixe" einen Augenblinker, der mehr
als verblüffende Ähnlichkeit mit dem ophemert'schen Original hatte. Ob Thöner noch Lizenzgebühren an die Witwe v. Ophemert gezahlt hat, ist nicht bekannt. Wirtschaftlich blieb der Kaufmann bei dieser Geschäftsbeziehung - wenig überraschend und wie dieser selbst feststellte - insgesamt im Vorteil.

Shads aus den 50er Jahren

Gummifische erfreuen sich heute immer größerer Beliebtheit. Aber wer hätte ge­dacht. dass die schwabbeligen Köder künstlerische Vorfahren haben? Schon am 28.5.1952 stellte Wilhelm Thöner den Patentantrag für einen „künstlichen Kö­der für Angelzwecke, gekennzeichnet durch die Nachbildung eines natürlichen Fisches aus nachgiebigen Werkstoffen und die Anordnung einer biegsamen Ein­lage aus Draht od.dgl. in dessen Körper­längsachse". Hilfesuchend wandte er sich wieder an den Künstler.

Das Modell für den als „Plastikfisch" beworbenen Köder entwarf H. v. Ophemert zum Jahreswech­sel 1951/1952. Im Folgejahr wurde der Köder mit seiner „naturgetreuen" Bema­lung dann auch schon für den Verkauf beworben.

Hendrik van Ophemert verstarb am 2. Februar 1952 im Alter von 66 Jahren in Braunlage im Harz. Die formschönen und leuchtenden Augenblinker des acad. Bildhauers H. v. Ophemert sind handge­machte Unikate und bleiben Stück für Stück wirkliche Kunstobjekte.

Mein großer Dank für viele Stunden Gespräche und Informationen, die Ein­sicht in das Familienarchiv und das ge­währte Vertrauen gelten der Familie van Ophemert. Sollte der geneigte Leser wei­tere Informationen zu H. v. Ophemert und seinen Werken haben, ist der Autor für einen entsprechenden Hinweis unter h.olliges@gmx.de dankbar.

Werke von H. v. Ophemert

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